Russlandfeldzug 2012

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Freeliner
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Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

Bericht vom Trabidriver geschrieben:

Russlandfeldzug 2012

Der etwas andere Russlandfeldzug von 3 BTC Mitgliedern


Mitte Mai beschlossen Andrea, Markus und ich einen Russlandfeldzug der anderen Art zu
unternehmen. In einem gecharterten Flugzeug der Aeroflot starteten wir in München. Nach
einem 3 Stundenflug, reibungslose Landung in Moskau. Mit einem Transferbus fuhren wir zu
unserem Einsatzschiff. Nachdem wir das in der DDR gebaute Schiff requiriert hatten,
wurden wir an Bord freundlich mit Brot und Salz empfangen. Anschließend bezogen wir Quartier auf
unseren Kabinen, welche in tadellosen Zustand waren. Um die langen Flussfahrten 1880 KM
(Wolga,Swir,Newa) Moskau - St. Petersburg gut zu überstehen, wurden wir mit fürstlichen
Mahlzeiten wie in einem 5 Sterne Hotel verwöhnt. Da das Schiff mit 200 Bundesbürgern be-
setzt war, wurde ständig für viel Abwechslung gesorgt. Während am Tage an verschiedenen
Orten Landgänge stattfanden, sorgte man Abend im Bordrestaurant und Tanzbar für schöne
Stunden. Im großen Aufenthaltsraum fanden neben Folklore auch Theater mit Einakter statt,
wo sich Markus und ich beteilgten. Andrea und ich nahmen auch an Gesangsstunden und
Russisch Kursen teil, da wir ein gutes Prüfungsergebnis erzielten, erhielten wir eine Urkunde.

Chronik des 13 Tage Untenehmens

Erster Tag Inspizierung Moskau. Leider war uns an diesem Tag das Glück nicht hold. Durch
die russische Siegesfeier ihres väterländischen Krieges über Hitler-Deutschland, waren am
Nachmittag bei der Rückkehr zur Metro plötzlich die Zugänge zur Metro von postierenden
Soldaten abgeriegelt. Als ich versuchte zwischen zwei Posten durchzukommen, wurde ich mit
lautem Stoi zurückgedrängt. Nach einem sehr langen Fußmarsch fanden wir endlich einen Zugang.
Völlig orientierungslos fand nun eine Odyssee statt. Da unser Russisch für eine Auskunft nicht
ausreichte, sprach Andrea einen jungen Mann mit Englisch an. Dieser war zwar
überaus hilfsbereit, lotste uns aber in die falsche Richtung. Als ich bemerkte, dass wir in der
falschen U-Bahn sind, sagte ich zu Andrea, ich glaube er hat anstatt green Line etwas an-
deres verstanden. Er hatte wirklich etwas mißverstanden, mit großer Entschuldigung fuhr er mit
uns zurück und brachte uns in die richtige U-Bahn. Auf jedenfall hatten wir am Vormittag
Gelegenheit einige Metro Stationen zu bewundern, der Stuck, Gemäldemalereien und
Marmorsäulen sind unbeschreiblich. Moskau hat wirklich die schönste U-Bahn der Welt.

Am zweiten Tag nach dem Frühstück vor dem Einsatzschiff Appell. Die Mannschaftsstärke
von 200 Mann wird in 5 Stoßtrupps eingeteilt. Wir 3 gehörten zur Gruppe 2 und wurden mit
Gruppe 1 auf ein kleines wendiges Flussboot eingeschifft. In 2 Stunden erkundeten wir die
Sehenswürdigkeiten links und rechts der Moskwa. Neben herrlichen Gebäuden erspähten wir
das hohe Monument (Segelschiff) von Zar Peter den Großen, sowie das ausrangierte Shuttle
der russischen Weltraumfahrt. Auch ein Kloster war zu sehen wo die Zaren ihre überdrüssig
gewordenen Frauen entsorgten.Vor der Ausbootung wurde noch ein köstliches Mittagsdiner
serviert. Nach Landgang schritten wir zur Eroberung des Kreml (Kreml heißt Festung) wo ge-
rade eine militärische Kranzniederlegung zu Ehren des gefallenen Kameraden stattfand. Der
Kreml mit seiner Mauerumgebung von 2235 Metern und 20 Festungstürmen ist eine Stadt für sich.
Im Kreml konnten wir die herrliche Kathedrale (Krönungskirche) bewundern.

Bild

Auch an dem Regierungspalast von Präsident Putin kamen wir vorbei. Aus Termingründen konnte er
uns leider nicht empfangen. Auf dem Kreml-Rundgang kamen wir an der größten Glocke der
Welt vorbei, ihr Gewicht beträgt 200 Tonnen. Nicht weit davon steht auch die größte Kanone
der Welt mit 40 Tonnen. Nach 2 Stunden verließen wir den Kreml und machten uns auf den
Weg zum Roten Platz. Hier hatte sich der 18-jährige Rust 1987 ein Husarenstück geleistet
indem er mit einer gemieteten Cessna gelandet war. Das schönsten am Roten Platz ist die
Basilika von welcher wir von allen Seiten Fotos schossen. Anschließend suchten wir das be-
rühmte Kaufhaus GUM auf, nachdem Andrea und ich lange darin gebummelt und alles
gesichtet hatten, genehmigten wir uns einen hervorragenden Eiskaffee. Da die Kommando-
führung auch eine Moskauer Nacht geplant hatte, blieb uns bis dahin viel Zeit die Stadt zu
besichtigen. Wir kamen dabei am Bolschoi Theater, sowie Marschall Schukow Monument
vorbei. Als wir Moskau bei Nacht gesehen und nochmals Fotos geschossen hatten, fuhren
wir mit Transferbussen zu unserem Wolga-Kreuzschiff zurück.
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trabidriver
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von trabidriver »

Fortsetzungen folgen
Was uns Trabifahrer nicht umbringt - macht uns härter!
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Michi
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Michi »

Freeliner hat geschrieben:Auch ein Kloster war zu sehen wo die Zaren ihre überdrüssig
gewordenen Frauen entsorgten.
Also hatte die DDR doch recht!!!

"Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.! :D

(Es ist ja bekannt, daß gute Unterdrückungs-Traditionen der Zarenzeit sinnvollerweise in die Sowjetära übernommen wurden...)
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exdodge1500
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von exdodge1500 »

Sehr gute Spionagearbeit Obergefreiter Hänschenklein !!!
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Freeliner
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

vom Trabidriver geschrieben:
Russlandfeldzug Fortsetzung I

Am dritten Tag war eine Erkundungsfahrt mit einem Bus nach Sagorsk vorgesehen.
Es ist ein Städtchen 70 Kilometer nördlich von Moskau. Dort befindet sich Russlands berühmtestes
Kloster und war einst eine Wallfahrtsstätte. Kaum waren wir losgefahren gerieten wir in einen
Stau. Da es anscheinend dem Keilriemen zu dumm wurde, verabschiedete er sich. Während
der Busfahrer unter der Motorhaube verschwand sah ich aus dem Fenster. Ich konnte es
nicht glauben was ich erblickte. Da verteidigte eine kleine graue Maus, genannt Trabi
seine Spur unter den großen Limousinen. Nach ca. 40 Minuten hatte es der Busfahrer geschafft
einen neuen Riemen aufzuwerfen. Was mir dann bei ihm und auch an den nachfolgenden
Buslenkern auffiel, sie hatten kein Verständnis für Autotechnik. Ich hatte immer das Gefühl,
dass sie beim Schalten die Gänge mit einem Belzerithammer reinknüppeln. Es waren aus-
rangierte Busse der DDR vom Typ Setra und Ikarus, welche ich 1958 selbst mehrmals ge-
fahren hatte. Nach 50 Jahren Dienstzeit konnte es sein, dass die Kupplungen verschlissen
waren. Anscheinend bekammen sie in Russland für kurze Touren ihr Gnadenbrot.

In Sagorsk angekommen, mußten wir mit Regenschirmen bewaffnet in Deckung gehen und
in einem Unterstand (Kirche) Schutz suchen. Waren wir zunächst von den herrlichen ver-
goldeten Kirchenkuppeln überwältigt, erwarteten uns in der orthodoxen Kirche unzählige
schöne Ikonen. Wie uns der Reiseführer erklärte, waren diese in Russland zur Zeit des
kommunistischen Regimes verpönt und sollten entfernt werden. Mit einem Trick einigten
sich die Metropoliten (Bischöfe) mit der Staatsführung auf einen Kompromiß. Sie sagten,
man wolle der Nachwelt die Ikonen als Beweis der verblendeten russischen Bevölkerung
erhalten. Die Regierung war aber nur mit der Bedingung einverstanden, dass die Ikonen
mit einem roten Tuch zugehängt werden.

Bild

Die Kirche in Sargosk wurde 1340 gegründet, und hatte zur Zeit Iwan dem Schrecklichen
im 16. Jahrhundert bereits mächtige Klostermauern. 1917 wandelte man das Kloster in ein
Museum um, es wurde aber nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zur Religionsausübung
freigegeben. Heute befinden sich auf dem riesigen Klostergelände neben 7 Kirchen auch
mehrere Gebäude. In einem großen Gebäude ist ein Priesterseminar, in einem anderen
die Theologische Akademie untergebracht. Außerdem ein Krankenhaus, Museum, sowie die
Verwaltung.

Nach drei Stunden wurde die Aktion der Besichtigungen abgebrochen, wir fuhren mit dem
Bus zum Schiff zurück, wo wir 13:00 Uhr ein vorzügliches Mittagsmahl einnahmen. Um 15Uhr
stellte sich auf Deck die gesamte Schiffscrew mit einem Drink unter großem Beifall vor. An-
schließend wurden alle in den Aufenthaltsraum gebeten, wo die weiteren Unternehmungen
für die nächsten 9 Tage erläutert wurden.

Am späten Abend lichtete unser Schiff (MS Fedin) die Anker und verließ Moskau
mit Kurs in Richtung St. Petersburg.
Aus einem Aufsatz eines Kindes in der Schule:
Sie ritten die ganze Nacht hindurch und als der Morgen graute, merkten sie, sie hatten ihre Pferde vergessen.
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trabidriver
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von trabidriver »

Es folgen noch mehr Fortsetzungen.
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Roern77
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Roern77 »

trabidriver hat geschrieben:Es folgen noch mehr Fortsetzungen.
Das will ich doch hoffen, es macht Spass deinen Urlaub durch deine Schreibweise nachempfinden zu können! ;)
....Auf der ganzen Welt ist dein Hund der einzige, der dich mehr liebt als sich selbst...

...Ich wünsche mir eines Tages der Mensch zu sein, den meine Hund in mir sieht...
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trabidriver
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von trabidriver »

Hallo Jörn,
es freut mich, dass meine Berichte bei Dir
und auch bei Anderen gut ankommen.
Es werden noch sehr interessante und
spannende (Gefahren) Fortsetzungen.
Was uns Trabifahrer nicht umbringt - macht uns härter!
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Freeliner
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

vom Trabidriver geschrieben:
Russlandfeldzug Fortsetzung II

Am Morgen des vierten Tages um 7:00 Uhr wecken mit Bordradio, anschließend
kurze Morgengymnastik. Von 7:30 bis 9:30 Uhr stand das reichhaltige Frühstücksbüfett zur
Verfügung. Nach einem kurzem Aufenthalt in der Kabine, Einladung zum Beginn der
Russisch Sprachkurse, sowie den folgenden Gesangsstunden (Kalinka usw.).

Plötzlich 12:30 Uhr große Schiffsalarm-Übung. Alle Passagiere mußten Schwimmwesten
anlegen, deren vorschriftsmäßige Handhabung von Schiffsoffizieren überprüft wurden.

Gegen 16:30 Uhr erreichten wir Uglitsch wo nach passieren von 7 Schleusen unser Schiff
anlegte. Hier war ein kurzer Stadtrundgang in der altrussischen einst fürstlichen Stadt mit
heute 40.000 Einwohnern vorgesehen. Uglitsch wurde 1148 erstmals urkundlich erwähnt
und wurde mit der traurigen Geschichte der Dimitrij-Blut-Kirche bekannt. Angeblich
hatte man 1591 den Sohn Dimtrij von Zar Iwan dem Schrecklichen ermordet. Es ranken
aber Gerüchte, dass der Sohn bei einem epileptischen Anfall aus Versehen selbst in
seinen Dolch gefallen war. Für mich hat die Kirche einen sehr mystischen Eindruck
hinterlassen. Zumal Andrea, Markus und ich in höchster Lebensgefahr schwebten.

Bild

Wir waren etwa 50m von der im Wald gelegenen Kirche entfernt, als plötzlich ein ungeheurer
Sturm einsetzte. Da sich die vielen Kirchenbesucher vor der Eingangstür drängten, blieb uns
nur die Möglichkeit unter dicken Bäumen Schutz zu suchen. Wir drei hatten das Gefühl eines
Weltunterganges. Neben uns stürzten Bäume mitsamt Wurzelwerk um, und rissen dabei viele
unterirdische Stromleitungen heraus. Ebenso flogen viele Souvenirstände durch die Gegend.

Bild

Nach ca. 5 Minuten war der Spuk vorbei und es schien wieder die Sonne. Wäre es 70 Jahre
früher gewesen, hätte ich angenommen, dass wir soeben eine Feindberührung hatten.
Wie uns der 62 jährige ortskundige Fremdenführer versicherte, hatte er hier sowas
noch nicht erlebt. Ziemlich geschockt kehrten wir drei zum Schiff zurück.
Nach dem Abendessen ließen wir das Erlebnis in der Panoramabar bei einigen
Bierchen noch einmal Revue passieren.

Mit Leinen los, hatte um 20:00 Uhr unser Schiff mit Kurs nach Jaroslawl Fahrt aufgenommen.

Fünfter Tag gegen 9:00 Uhr Ankunft in Jaroslawl. Anschließend findet mit einem Transferbus
eine durchrüttelnde Stadtrundfahrt statt. Nur die schönen Strassen dämpften die miserable
Federung des veralteten Busses. Jaroslawl wurde 1016 von einem Kiewer Fürsten gegründet,
sie zählt zu den schönsten Städten Russlands. Der Stadtkern ist gut restauriert und besticht
durch herrliche Bauten im klassizistischen Stil. Bei der Besichtigung der Stadt, entdeckte
ich in einer Seitenstrasse ein Umweltverbotszeichen. Auf dem Schild war ein Auto mit
durchgestrichener Rauchwolke zu sehen, habe es mit einem Foto festgehalten.
Im 12. Jahrhundert wurde mit dem Ziel der Stadtverteidigung ein großes wehrhaftes Kloster
erbaut. Mit der im Jahre 1516 erbauten Erlöserkathedrale mit ihren nur drei Goldkuppeln
ist sie älteste Kirche von Jaroslawl.

Bild

Wir hatten das Glück ein Hochamt mitzuerleben, welches ein Patriarch mit Metropoliten
zelebrierte. Da wir anschließend auch noch die Prophet-Elias-Kirche besuchten, reichte es mir.
Von den vielen Ikonostasen bekam ich langsam einen Heiligenschein, da er zu drücken begann,
habe ich ihn entfernt. Außerdem wäre das Polieren zu umständlich gewesen. Nach der Rückkehr
zum Schiff, fand nach dem Mittagessen eine Bastelstunde statt. Wo man sich eine Matroschka
bzw. Babuschka bemalen konnte. Nachdem Andrea, Markus und ich künstlerisch nicht
vorbelastet sind, nahmen wir daran nicht teil. Wir zogen es vor, auf dem Sonnendeck die
herrliche vorbeiziehende Landschaft links und rechts der Wolga nach Goritzy zu genießen.
Aus einem Aufsatz eines Kindes in der Schule:
Sie ritten die ganze Nacht hindurch und als der Morgen graute, merkten sie, sie hatten ihre Pferde vergessen.
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Freeliner
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

vom Trabidriver geschrieben:

Russlandfeldzug Fortsetzung III

Der sechste Tag beginnt für mich etwas unausgeschlafen, in der Nacht hatten
mich ein paar Erlebnisse der letzten Tage beschäftigt. Es war eine erfreuliche, sowie
eine unerfreuliche Begegnung mit russischen Bürgern. Zuerst die Erfreuliche. Als wir
in der Kirche von Jaroslawl ein festliches Hochamt miterleben durften, sprach mich
ganz leise ein russisches Mütterchen (Babuschka) an. Sie hatte bemerkt dass ich das
Kreuzzeichen anders als die Russen machte. Bei der kurzen Erklärung dass man es in
Deutschland etwas anders macht, antwortete sie freundlich mit Isvinize (Entschuldigung).

Das zweite Erlebnis war unerfreulicher. Andrea und ich machten gerade Fotos von der
Sturmverwüstung als mich plötzlich ein sehr alter Russe ansprach. Da ich sein sehr
schnelles Russisch nicht sofort verstand, wollte ich weitergehen. Daraufhin packte er
meine Hand und hielt mich fest. Mit lautem Geschrei und wilden gestikulieren gab er
mir zu verstehen, dass Hitler Soldeska seine vier Brüder erschossen hätten. Andrea sah
dem Ganzem beängstigend zu. Da ich eine aufkommende Eskalation vermeiden wollte,
befreite ich mit sanfter Gewalt meine Hand und drängte ihn zurück. Dabei verkniff ich mir
ein sehr schlimmes russisches Schimpfwort.

Nachdem ich mich mit der Morgentoilette fit gemacht hatte, schritt ich zum reichhaltigen
Frühstücksbuffet im Speisesaal. Anschließend besuchten Andrea und ich die Bernstein-
zimmer Filmvorführung im Aufenthaltsraum.

Als nächstes fand die Besichtigung der Kommandobrücke statt, wo uns der Kapitän die
Nautik und die technische Beschaffenheit des Schiffes vermittelte. Leider sprach der
Kapitän kein Deutsch bzw. Englisch, sodass die Reisemanagerin übersetzen mußte.
Einige Mitreisende und ich stellten mehrere technische Fragen, welche der Kapitän
bereitwillg beantworten ließ.

Während der beiden informativen Darbietungen erreichte unser Schiff die Ortschaft
Goritzy. Goritzy liegt etwas südlich vom Weißen See und dient als Ausgangspunkt
der Besichtigung des Krillow-Beloserski-Klosters. Zur Gründungszeit im 14. Jahr-
hundert lag das Kloster im Zedernwald. Das Kloster erreichte im 18 Jahrhundert
seinen Höhepunkt des Reichtums, und beherbergt heute ein Museum für Geschichte
und Architektur.

Der ältere Teil des Klosters befindet sich am Siwerski-See und umfaßt
neben 9 weiteren Kirchen das berühmte Maria-Himmelfahrt-Kloster. Besonders
besticht die Maria-Himmelfahrts-Kathedrale durch ihre sehr wundervollen Fresken
und Ikonostasen aus dem 16. Jahrhundert. Die Kathedrale aus Ziegelbau war die dritte
Steinkirche in Russland. Das Kloster beinhaltet Gebetshaus und Mönchszelle des
Gründers Kirill. Vom 16. bis 20. Jahrhundert war das Kloster Verbannungsort für Regime-
gegner. 1926 wurde das Kloster gewaltsam geschlossen. Es fand wechselnde
Verwendung als Ausbildungsstätte für Arbeiter und Lazarett im großen Vater-
ländischen Krieg. Heute wird das Kloster von Nonnen instandgehalten und dient als
Besserungsanstalt für straffällig gewordene Minderjährige. Auch ein Geburtshaus
für Kinder unverheirateter Frauen steht zur Verfügung.

Bild

Nach dem fürstlichen Mittagsdiner (4 Gänge: Salatteller, Suppe, Hauptgericht, Dessert)
hieß es fertigmachen zum Landgang. Vor dem Schiff warteten bereits 5 Busse um uns
zur Einnahme und Besichtigung in das 7km entfernte Kloster zu bringen. Das Unter-
nehmen wurde zum Fiasko. Kaum hatten wir das Klostertor durchschritten gerieten wir
in einen Hinterhalt.

Bei schönem Wetter aber sehr kräftigem Wind, stürzten sich ganz
plötzlich in dem riesigen Klostergelände Heerscharen von Pollen der Birken- und
Lindenbäume auf uns herunter. Wir flüchteten und suchten Zuflucht in der Kathedrale.
Auf dem Weg dorthin stellten wir fest, dass er mit alten Grabsteinen gepflastert war.
Nachdem ca. 60% der Mannschaft mit heftigen Niesattacken zu kämpfen hatten, wurde
der taktische Rückzug eingeleitet. Auf dem Rückweg schockte uns noch die häßliche
Fratze von Zar "Iwan dem Schrecklichen" an einer Klosterwand. In den nächsten Tagen
war jedenfalls der Verbrauch von Papiertaschentüchern enorm.

Unser Schiff MS Fedin verläßt 17:00 Uhr Goritzy und nimmt Kurs auf Kishi.
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von trabidriver »

Hallo Russland Fans,
nach unserem großen Trabi Event geht es mit Fortsetzungen weiter.
Ich möchte es nicht versäumen auf diesem Weg unserem Freeliner
mein Lob auszusprechen. Es ist ihm zu verdanken, dass er die bis-
herigen Berichte hervorragend ins Forum setzt, und mit meinen Fotos
für jeden anschaulich näher bringt. Nochmals vielen Dank Andy.
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von trabidriver »

Hallo liebe Rußlandbegeisterte!

Da meine Reiseberichte offensichtlich
sehr oft gelesen wurden, stelle ich wieder
eine weitere Fortsetzung ein.

Entschuldigung für die tagelange Verzögerung.
Jetzt kommen die versprochenen Beiträge...

Gruß
Hans
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

Russlandfeldzug 2012 Fortsetzung IV

Der siebente Tag unserer Schiffsreise. Vom verlassen Goritzy (17:00 Uhr) bis zur Erreichung
Kishi waren wir 24 Stunden auf der Wolga unterwegs. Den Spätnachmittag, sowie den Abend
des Vortages hatten wir bei schönen und warmen Wetter auf Deck verbracht. Bei bertrachten
der vorbeiziehenden Landschaft links und rechts der Wolga, verliert man bei der Weite des
Landes jedes Zeitgefühl. Allein die Erkenntnis, dass die Strecke Moskau-St. Petersburg mit
knapp 2000 KM nur ein kleines Teilstück vom riesigen Russland ist, löst großes Staunen aus.

Als ich aber an den Ufern die etwas ärmlichen Häuser sah, welche noch zum Großteil aus
Holz bestehen, kamen mir einige Bedenken. Ich erinnerte mich an das melodische Lied, der
sechziger Jahre "Es steht ein Soldat am Wolgastrand, hält Wacht für sein Vaterland" und dachte,
hielt er etwa Wacht für die armseligen Holzhütten. Wie schon auf dem Uglitsch Stau-
see gesehen, kamen auch auf der Wolga Kirchtürme und Ruinen zum Vorschein. Sie sind
Zeugnis der gefluteten Dörfer, welche Stalin für Kanäle und Wasserkraftwerke opferte.

Bild

Als wir einmal um Mitternacht eine der 6 Schleusen aufsuchten, mußte der Offiziermanschaft
auf der Brücke das Ruder ausgekommen sein. Zumindest gab es einen heftigen Rumms als
das Schiff gegen die Betonwand schlug. Da wir uns anscheinend in einem exotischen Wald-
gebiet befanden, wurde durch den lauten Rumpler auch die Tierwelt erschreckt. Plötzlich
war Gekreische und Vogelstimmen zu hören, wie ich sie schon im Dschungl von Chiang Mai
(Thailand ) vernommen hatte. Nach einiger Zeit kehrte wieder Ruhe ein, und man hörte nur
noch leise das Einlaufen und plätschern des langsam ansteigenden Wasser in der Schleuse.
Um 2:00 Uhr strich ich die Segel und verließ das Deck um eine Mütze Schlaf zu nehmen.
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

Die Route durch Russland:

Bild
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Re: Russlandfeldzug 2012

Beitrag von Freeliner »

Russlandfeldzug 2012 Fortsetzung V

Der achte Tag beginnt ohne besondere Vorkommnisse. Um 7:00 Uhr wecken, anschließend
frühstücken, Konversation mit Mitreisenden. Auf Deck lesen, sonnen und dösen. Gegen
17:00 Uhr erreicht unser Schiff die karelische Insel Kishi im Onegasee. Über Bordlautsprecher
werden wir zum feldmarschmäßigen Ausrücken (ohne Sturmgepäck) auf die Insel aufgerufen.

Der Inselname Kishi beruht auf einem heidnischen Ritualplatz der Karelen. Die Besiedlung
fand im 11. Jahrhundert statt, heute bewohnen 100 Personen zwei Dörfer Kishi und Pogost.
Mit der Sommer- und Winterkirche aus Holzbau gehören die Orte als Freilichtmuseum zum
UNESCO Weltkulturerbe. Während die Winterkirche beheizbar ist, ist jedoch die 1714 er-
baute Sommerkirche (Christi Verklärungskirche) die berühmtere. Bei dem Holzbau wurde kein
einziger Nagel verwendet. Die 22 Zwiebeltürme sind mit 30 000 Espenholz Schindeln gedeckt.
Die Kirchen wurden nach der Oktoberrevolution 1917 von den Boschewiken geschlossen und
erst 1994 wieder geöffnet. Sie werden derzeit restauriert.

Bild

Die Vegetation der Insel ist sehr dürftig, sie beschränkt sich auf Gräser, Sträucher und ver-
einzelte Bäume. Neben alten Bauernhäusern ist auch eine schöne Bockwindmühle zu sehen.
War früher Fischfang der Lebenserwerb von Ortsansäßigen, ist es heute der knapp 200 000
Personen Tourismus. Die Insel wird von den Wolgaschiffen angefahren, welche zwischen den
beiden Städten Moskau und St. Petersburg verkehren.

Nach dem zweistündigen Erkundungsrundgang kehren wir zum Schiff zurück um die Abfahrt
um 20:00 Uhr nach Mandrogi nicht zu verpassen. An diesen Abend gab es eine besondere
Überraschung, es fand die Zeremonie des Kapitänsessens statt. In schöner russischer Folk-
lorekleidung marschierte die Schiffsführung durch die Tischreihen. Nachdem die Managerin
die russische Rede des Kapitäns übersetzt hatte, wurde auf die schöne Schiffsreise mit einem
Glas Sekt geprostet. Waren die fast täglichen Geburtstagsfeiern von Gästen schon eine Be-
sonderheit, wurde sie diesmal übertroffen.

Nach dem Diner gingen Andrea, Markus und ich auf Deck um das herrliche Abendrot auf dem
Onegasee zu bewundern. Auch nach dem Sonnenuntergang blieb es in der nördlichen Region
noch lange hell. Als sich um 24:00 Uhr Andrea und Markus in ihre Kabinen zurückzogen, ge-
noß ich noch 2 Stunden mit einer guten Zigarre die romantische nächtliche Fahrt auf dem
Onegasee. Während das Schiff fast lautlos durch den leichten Wellengang glitt, konnte ich
in der Ferne ständiges Wetterleuchten beobachten. Nur mit großer Mühe konnte ich mich
zum Matratzenhorchen überwinden, und das Deck verlassen.
Aus einem Aufsatz eines Kindes in der Schule:
Sie ritten die ganze Nacht hindurch und als der Morgen graute, merkten sie, sie hatten ihre Pferde vergessen.
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