Russlandfeldzug 2012 Fortsetzung IX
Auch der
zwölfte Tag begann wie der Vortag, wecken und Bekanntgabe des Tagesablaufes.
Nach dem Frühstück fuhren wir nochmals mit dem Bus in die Innenstadt von St. Petersburg
um zu Fuß einige Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Im Zentrum angekommen erwartete uns
ein Ortskundiger Fremdenführer. Bevor er mit der Führung begann, erzählte er uns einiges
über St. Petersburg. Wie Venedig ist St. Petersburg eine Wasserstadt, welche daher auch
Venedig des Nordens genannt wird. Die Stadt wurde im Jahre 1703 auf dem Fluss Newa kurz
vor der Einmündung in den Finnischen Meerbusen gegründet. Zunächst entstand der Ort
nach den Plänen von Zar "Peter der Große" aus Holzbauten. Da das eroberte Gebiet vor den
Schweden geschützt werden sollte, baute man eine Festung mit Schutzwällen aus Backstein.
Während der Stalinistischen Zeit wurde St. Petersburg, Leningrad genannt.
Nach dem kleinen interessanten Vortrag in die Geschichte von St. Petersburg, begann die
fakultative Führung. Als erstes kamen wir zur Smolny-Kathedrale. Die im 18 Jahrhundert er-
baute Kathedrale zählt in Russland zur schönsten Barockkirche. Sie wurde von den Bolsche-
wiken 1922 zweckentfremdet und diente lange Zeit als Lagerhaus bzw. Unterstellraum für die
Bühnenrequisiten.
Die nächste Sehenswürdigkeit war die Isaak-Kathedrale. Mit ihrer riesigen Goldkuppel ist sie
eine der größten sakralen Kirchen der Welt. Obwohl die Kuppel im Krieg mit einer grünen
Tarnfarbe gestrichen war, wurde sie ausgemacht, und von der deutschen Artillerie schwer
beschädigt. In der Kirche wurden bis zur Schließung durch die Sowjets 1928 Gottesdienste
abgehalten. Als es 1931 zu einem Museum umgestaltet wurde, wurde darin ein 91m langes
Foucaultisches Pendel installiert. Mit dem Pendel sollte die Kinetische Energie aus Gewichts-
und Fliehkraft nachgewiesen werden. Es war aber ein Trugschluß, da nicht das Pendel, son-
dern die Erdrotation maßgebend ist.
Auf der Besichtigungstour durfte natürlich die Auferstehungskirche nicht fehlen. Sie wird auch
Erlöser bzw. Blutskirche genannt. Zar Alexander III ließ sie 1883 zu Ehren seines geliebten
Vaters Zar Alexander II erbauen. Die Kirche wurde auf dem Platz gebaut, wo der Herrscher
einem Anschlag zum Opfer fiel und verblutete. Ein Revolutionär 1881 hatte eine Bombe in die
Kutsche des Volksnahen Zaren geworfen. Die Auferstehungskirche ähnelt sehr der Basilius-
Kathedrale in Moskau.
Bis zur weiteren Führung zum Jussupov Palast, und anschließender Kanalfahrt standen uns
6 Stunden persönliche Freizeitgestaltung zur Verfügung. Wir nutzten die Zeit für einen Imbiß
in einem kleinen Lokal. Während Andrea und ich durch die Stadt bummelten, schaute sich der
Markus den im Hafen liegenden Panzerkreuzer Aurora an. Von ihm wurde 1917 mit einem ab-
gegebenen Kanonenschuß die Oktoberrevolution ausgelöst. Er war das Startzeichen für den
Umsturz des Zarenreiches.
Um 16.00 Uhr ging die Führung zum Jussupow Palast weiter. Mit seiner Fassade im klassizi-
stischen Stil, gehört der Palast zu den schönsten in der St. Petersburger Innenstadt. Neben
den überaus prunkvoll ausgestatteten Räumen, beherbergt der Palast wertvolle Kunstschätze.
Für die adelige Gesellschaft stand sogar ein prachtvolles Theater (200 Sitze) zur Verfügung.
Dagegen nahm sich die Innenaustattung des Katharinenpalastes ziemlich spartanisch aus.
Beim Fotografieren des herrlichen Himmelbettes, löste ich durch ein kleines Mißgeschick zum
Schrecken aller Besucher einen Alarm aus. Ich war nur kurz an das Sicherungsseil gestoßen.
Zum Glück wurde der Alarm nicht zu ernst genommen, nur ein Sicherheitsbeamter hob war-
nend seinen Finger.
Die Familie Jussupow gelangte durch Anstellung und Dienerschaft am Zarenhof im 16. Jahr-
hundert zu Adel und Reichtum. Auch an historischen Geschehnissen war die Familie nicht un-
beteiligt. Der Einfluß und Ratschlag wurde sehr wohlwollend am Zarenhof angenommen.
Zu traurigen Ruhm gelangte der Fürstenpalast, als Fürst Felix Jussupow 1916 den Mönch
und Wunderheiler Rasputin in den Palast lockte und im Keller ermorden ließ. Die gruselige
Szene ist im Keller mit Wachsfiguren dargestellt. Die Zarengattin eine Gönnerin Rasputins
wollte den Fürsten hinrichten lassen, doch Zar Peter II schickte ihn auf Jussupows Landsitz
in Verbannung. Nach Abdankung des Zaren kehrte die Familie Jussupow nach St. Petersburg
zurück. Sie mußte aber 1919 ins Exil gehen. Kurze Zeit verweilte sie auf der Krim. Nachdem
sie diese verlassen mußte, gelangte sie auf der Suche nach Asyl über Umwegen nach Paris.
Zum Abschluß der St. Petersburger Besichtigungen fand noch eine herrliche Kanalfahrt auf
der Newa statt. Auf einem kleinem Schiff (50 Personen) nahmen wir auf Oberdeck Platz, bei
Durchfahrten unter den vielen niedrigen Brücken, mußte man ständig den Kopf einziehen.
Nachdem die Fahrt spät am Abend stattfand, konnten wir die faszinierende Silhouette von
St. Petersburg bei Sonnenuntergang bewundern. Wehmütig und kleinem Kulturschock
kehrten wir mit dem Bus zum Schiff zurück.
Ein besonderes Erlebnis hatte ich noch um Mitternacht. Da ich noch eine Nachtaufnahme von
unserem beleuchteten Schiff machen wollte, ging ich um 23:30 Uhr an Land. Als ich nach der
Fotoaufnahme zum Schiff zurückkehren wollte, versperrte mir ein streunender Wolfshund den
Weg zum Schiffssteg. Meine sämtlichen Versuche ihn zu verscheuchen scheiterten, er rea-
gierte nur mit Zähne fletschen. Nachdem ich auch ihm meine Zähne zeigte, wich er etwas zu-
rück znd ging bedrohlich in Sprungstellung. Da kam mir die Idee, dass ich ja den Fotoapparat
habe. Ich hielt ihm diesen entgegen und löste einen Blitz aus. Ziemlich erschrocken, schlich
er sich laut knurrend von dannen, der Weg war frei. Auf den Schreck hin, genehmigte ich mir
in der Tanzbar noch ein Bier.
