DDR Besuch 1986

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen erst 1987 wieder in die DDR zu fahren, aber eine Woche vor Weihnachten 1986 erhielt ich ein Telegramm. Meine Pflegetante teilte mir mit, dass ihr Mann im bedenklichen Zustand ist. Da ich mir Dank meiner Position Abend- und Wochenendfahrzeuge beim Fahrdienst bestellen konnte, orderte ich von Weihnachten bis Neujahr ein BMW 635 CSi Coupe.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag fuhr ich los und kam ohne Besonderheiten gut in Kamenz an. Auf der Fahrt hatte ich ständig die Befürchtung meinen lieben Pflegeonkel nicht mehr lebend anzutreffen. Als ich vor dem Haus hielt und kurz hupte, traute ich meinen Augen nicht. In der Haustüre erschien wie ein Geist mein Pflegeonkel. Da ich in einem Telex mein Kommen angekündigt hatte, mußte ein Wunder mit ihm geschehen sein. Mit den Worten Hans kommt, erhob er sich vom Sterbelager und gab sofort Anweisung was noch alles in Ordnung gebracht werden muß.

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Rathaus Kamenz zur Weihnachtszeit - Originalbild aus der Zeit

Wir verbrachten die Woche in gemütlicher und beschaulicher Stimmung. Ab und zu traf ich mich mit meinen früheren Freunden Klaus und Werner auf ein Bier in einem Lokal. Als ich mit Klaus einmal alleine war, vertraute er mir an, dass er mit seiner Familie einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik gestellt habe, und mit Schikanen zu kämpfen habe. Gleichzeitig bat er mich 12 wertvolle Silbermünzen in den Westen mitzunehmen. Obwohl ich ein ungutes Gefühl wegen der Grenzkontrolle hatte, erklärte ich mich doch bereit ihm den Freundschaftsdienst zu erweisen. Da die DDR Grenzer offensichtlich in Feiertagsstimmung waren, führten sie sehr lasch die Kontrolle durch. Demzufolge hatte ich großes Glück, nicht erwischt zu werden.

Eines Tages ging ich in der Stadt spazieren, und sorgte unbewußt für einen Menschenauflauf als mich eine Frau mit Tochter nach der Uhrzeit fragte. Ich schaute auf die Uhr am linken Arm und drückte dabei auf einen an der Uhr befindlichen Knopf. Als am dunkelrotem Deckglas die digitale Uhrzeit aufleuchtete, löste ich ein lautes Erstaunen aus. Im Nu war ich von einer großen Menschenmenge umringt. Da sie so eine solche Uhr mit Metallband noch nicht gesehen hatten, fragten sie was so etwas kostet. Ich nannte ihnen den Preis von 180.- DM, einige Leute wollten sie mir abkaufen, natürlich mit gebunkertem Westgeld. Um in keine Falle zu geraten, habe ich auf den Verkauf verzichtet, obwohl mir das doppelte geboten wurde.

Am vorletzten Abend kam ich in große Bedrängnis als der BMW plötzlich Diebstahlalarm auslöste und ich vor Aufregung nicht schnell genug den Abschaltknopf fand. Es dauerte nicht lange und die Polizei stand auf der Matte. Wegen Belästigung und Ruhestörung bekam ich eine mündliche Verwarnung und ein Bußgeld von 20.-DM.

Die nächste Blamage war am Tag meiner Rückfahrt, ich hatte aus Versehen beim Starten das Gaspedal zweimal gedrückt, anscheinend war das für die Einspritzung zuviel. Der Motor sprang jedenfalls nicht an. Da die neugierigen Leute und ihre hämischen Bemerkungen immer mehr wurden, ging ich ins Haus zurück und trank zur Beruhigung eine Tasse Kaffee. Als ich nach 10 Minuten wieder zum Auto ging, sprang beim Starten der Motor sofort an.

Das nächste Ereignis erwartete mich auf der Autobahn, zu meinem Pech setzte nach Dresden plötzlich ein starker Schneesturm ein, welcher mich bis München nicht mehr verließ. Obwohl sämtliche PKW und LKW der DDR auf der rechten Seite standen, zog ich mit 100 km/h meine Spur. Auf der Höhe Chemnitz hielt mich ein Polizeibeamter auf und fragte, wie schnell fahren sie eigentlich, ich antwortete 100. Etwas ungläubig meinte er das kann nicht sein, wo doch unsere Fahrzeuge liegen bleiben. Ich sagte ihm, vergleichen sie bitte mal die Winterreifen, da werden sie feststellen, dass ich ein wesentlich besseres Profil habe. Bevor er mir eine vorsichtige Weiterfahrt wünschte, unterhielten wir uns freundschaftlich lange über BMW Autos.

War es die Vorfreude auf den bevorstehenden Silvesterabend, oder die Kälte dass mich der DDR Grenzbeamte schon nach der Passkontrolle passieren ließ. Ich kam trotz des ständigen Schneesturms und Verwehungen schnell vorwärts, dafür stand ich in München im Tunnel über zwei Stunden im Stau. Nachdem ich um 10:00 Uhr in Kamenz weggefahren war, war ich erst um 18:00 Uhr zu Hause. Für die 550 KM hatte ich diesmal acht Stunden gebraucht.

Hiermit enden meine Besuche in die DDR.

Wir würden uns freuen über Meinungen, Danksagungen aller - hier im passenden Thema im BTC-Forum:

Reisen in die DDR - Trabant in der DDR - von Hans Stockmeier

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Kamenz Marktplatz - Originalbild